Geschichte
Die Entwicklung des Kleintheaters Grenchen
Gegründet: 1978 / Präsidentin: Marisa Thöni / Mitglieder: ca. 120 Vereinsmitglieder
Aufführungslokal: Aula Schulhaus IV, Schulstrasse 35, 2540 Grenchen
Vorhang auf: Wechselvolle Odyssee
Das Kleintheater Grenchen wurde am 18. Oktober 1975 eröffnet und fand seine erste Herberge im «alten Migros», dem heutigen Passage Dancing. Für die erste Vorstellung mussten die Zuschauer die Stühle selbst mitbringen und anschliessend, sozusagen als Eintrittsobulus, dort stehen lassen. Nach dem Umbau des Kino Palace konnten die alten Kinosessel gratis übernommen werden.
Bis das Kleintheater an seinem heutigen Standort in der Aula des Schulhauses IV ansässig wurde, durchlebte es eine Odyssee über verschiedene Standorte. Nach der alten Migros zügelte man 1980 in den Eusebiushof, danach für zwei Jahre zurück in das alte Migros. Darauf folgte eine fünfjährige Stationierung im Keller des Restaurants Mazzini. Der kleine Raum bot eine authentische Atmosphäre, die durch die Wandbilder des Grenchner Künstlers Sauro unterstützt wurden. Allerdings waren die Produktionen aufgrund der Raumgrösse beschränkt, und die störende Geräuschkulisse der Stühle im Restaurant führte schliesslich dazu, dass der Vorstand eigenhändig Dämpfer an den Stühlen montierte. Der TV-Anschluss im Keller bot ebenfalls Anlass zu kleinen Gefechten und einmal zu Empörung im «Mazzini», als jemand kurz vor dem Start Alberto Tombas im Skirennen den Stecker zog.
«Hort linker Ideen?»
Die Zeit vor der Vereinsgründung 1975 war in Grenchen eine Zeit des Umbruchs. Mit der Grenchner Uhrenkrise endete eine Epoche; Neues entstand, und die Kunstszene blühte auf. Es war aber auch das Zeitalter von Oberstleutnant Ernst Cincera und der Bespitzelung der Linken, der Fichenaffäre und den Nachwehen der 68er Bewegung. Wie bei Kleintheatern nicht ungewöhnlich haftete auch den Grenchnern der Stempel „linke Szene“ an, da es etwas Neues war – so viele Kleintheater gab es damals in der Schweiz nicht.
Dennoch: Das Programm war mit ein paar Ausnahmen nicht besonders «linkslastig». In den Anfangszeiten traten unter anderem Andreas Vollenweider, die Berner Troubadours, die Swiss Dixie Stompers, Trudi Gerster, Tarot (mit Dodo Hug), Bill Ramsey, Fredy Lienhard und Georg Kreisler auf. Allerdings waren Auftritte wie der von Dietrich Kittner einigen Parteien ein Dorn im Auge, und tatsächlich stellten die Sympathisanten der POCH und der jungen SP einen Grossteil des Stammpublikums. Da wurde schon mal spekuliert, dass der Freisinn einen Spitzel vor das Theater stellte, um zu kontrollieren, wer sich diese subversiven Programme ansah!
Vereinsgründung
1977 beschloss die Kulturkommission die Gründung eines Kleintheater-Vereins. Da eine Halbtagsstelle für die Führung des Theaters von der Stadt abgelehnt wurde, trat das alte Leiterteam zurück, auch weil man nicht von Kulturkommission und Gemeinderat «gevogtet» werden wollte. Die Kulturkommission veranlasste aber, dass im Gemeindebudget ein fester Betrag zur Betriebsführung des Kleintheaters gesprochen wurde.
Am 17. August 1978 fand die Gründungsversammlung unter Vertretung von Gemeinderäten (Oskar Keller, später Klaus Lienert) im Vorstand statt. Seit da hat das Kleintheater unter der Leitung der Präsidentinnen und Präsidenten Brigitte Stettler (ab 1978), Rolf Beyeler (ab 1985), Susanne Hofer (ab 2001), Christian Frey (ab 2006) und Marisa Thöni (ab 2012) jährlich ein vielseitiges Programm auf die Beine gestellt.
«Rosinenpicker» und Trendsetter
Früher wie heute wählte das Kleintheater seine Künstler in erster Linie an der Schweizerischen Kleinkunstbörse aus. Der sparsame Umgang mit den Ressourcen ermöglichte es dem Vorstand, «gute Sachen» zu kaufen. Darin war man so effizient, dass in der Schweiz das Gerücht umging, die Grenchner seien «Rosinenpicker». Hauptziel war aber immer ein ausgewogener Programmmix aus Kabarett, Musik, Lesung, Slap-Stick, Clowns, Poesie und je nach Budget einigen Saalfüller und gewagteren Produktionen. Auch als Trendsetter hat sich das Kleintheater erwiesen, waren doch viele Künstler zu Gast, die später grosse Säle füllten, so 1978 PS Corporation, 1980 Konstantin Wecker, 1982 Dodo Hug, 1985 Gardi Hutter, 1989 Lorenz Keiser, 1994 Ursus und Nadeschkin, 1996 Massimo Rocchi und 2004 Pedro Lenz.
Mit neuem Schwung ins 21. Jahrhundert
2001 wurde der Vorstand des Kleintheaters fast vollständig erneuert, wodurch sich ein neues Stammpublikum aufbaute. Gleichzeitig war dies der Beginn eines gezielten permanenten Sponsorings durch Private zwecks Aufbesserung der Finanzen neben dem Gemeindebeitrag. 2008 erhielt das Kleintheater den Anerkennungspreis der Stadt Grenchen.